Maigret - 73 - Maigret und der einsame Mann by Simenon Georges

Maigret - 73 - Maigret und der einsame Mann by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-28T04:00:00+00:00


Maigret ging nach Hause. Seine Frau hatte ein Hähnchen in Weinsoße bereitet. Es war eines seiner Lieblingsgerichte, aber er nahm die Mahlzeit gedankenlos zu sich, ohne ihr ein Kompliment zu machen.

»Gelt, du bist nervös«, tippte sie vorsichtig an. »Seit dem Beginn der Ermittlungen fühlst du dich unbehaglich. Es sieht geradezu so aus, als würde dich etwas bedrücken.«

»Weißt du, bei jeder Ermittlung tritt irgendwann eine Wende ein, wo mir jedes Selbstvertrauen abhanden kommt. Diesmal stoße ich aber andauernd auf solche Wendepunkte. Ich bilde mir ein, einen Schritt vorwärts gekommen zu sein, und dann muß ich feststellen, daß ich nur auf der Stelle trete. Immerhin versuche ich unter anderem Begebenheiten auf die Spur zu kommen, die sich vor zwanzig Jahren zutrugen. Dazu kommt noch, daß mir Marcel Vivien, der bei den Markthallen ermordet wurde, mitunter als ein recht sympathischer Mensch erscheint, dann wieder als ein rechtes Ekel …«

»Mach dir keine Sorgen, du wirst es schon schaffen.«

»Irgendwie muß ich es schaffen! Da fällt mir gerade ein, daß ich den Untersuchungsrichter aufsuchen sollte.«

Er schaute rasch in der Kripo vorbei und brach dann zusammen mit Torrence auf.

»Fahren wir zu den Markthallen? Nach Montmartre?«

»Nach Montmartre, zu Odette Delaveau, Rue Mercadet.«

Sie trug ein bunt geblümtes Kleid und sah bezaubernd frisch aus.

»Nehmen Sie doch bitte Platz.«

Die Kinder hielten wohl ihren Mittagsschlaf, denn es war nichts von ihnen zu hören, und im Wohnzimmer spielten sie auch nicht. Odette Delaveau redete mit halblauter Stimme.

»Haben Sie die Adresse der jungen Frau herausgefunden?« wollte sie als erstes von ihm wissen.

Dabei hatten die Zeitungen nichts darüber verlauten lassen. Er wollte dieses Kapitel seiner Ermittlungen vorerst nicht an die große Glocke hängen. So fragte er mit gespielter Unschuld:

»Welche junge Frau?«

Sie lächelte schlau.

»Sie fürchten wohl, sich etwas zu vergeben. Ganz trauen Sie mir noch nicht.«

»Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«

»Ich meine die junge Frau, wegen der mein Vater uns verlassen hat. Als Kind wußte ich nichts davon. Meine Mutter hat mir überhaupt nichts erzählt. Sie war sehr eifersüchtig, wenn sie es auch nicht wahrhaben will, und sie ist meinem Vater mehrmals nachgegangen, wenn er seine Werkstatt verließ.

Sie wußte also von dieser Liebschaft, bevor mein Vater von uns wegging. Sie sagte ihm keinen Ton, aber sie fing damals bereits an, sich abzukapseln. Auch als ich alt genug war, um solche Dinge zu verstehen, hat sie mit mir nicht darüber gesprochen.

Was ich Ihnen erzählen möchte, spielte sich vor mehreren Jahren ab. Ich lebte damals noch bei meiner Mutter. Ich habe einen Onkel in Meaux, Onkel Charles, der eine große Düngerfabrik besitzt und der jedesmal, wenn er nach Paris kam, meine Mutter aufsuchte. Als wir völlig mittellos, ohne irgendwelche Beziehungen dastanden, hat er meiner Mutter unter die Arme gegriffen, bis sie selbst unseren Lebensunterhalt verdienen konnte.«

Maigret hatte sich automatisch seine Pfeife gestopft, aber er zündete sie nicht an.

»Sie können ruhig rauchen … Wenn mein Mann abends fernsieht, raucht er die ganze Zeit.

Eines Tages kam Onkel Charles auch wieder zu uns. Ich befand mich gerade in meinem Zimmer, und die Wohnzimmertür war nur angelehnt. Ich hörte alles, was gesprochen wurde.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.